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Beitrag von: Dr. Wolfram G. Theilemann

Gemeinde Holbach gegen Weckmannsche Erben, Engelmann, Scheller….

 Dokumente eines langen Streites finden endlich bleibende Heimat

Anfang 2022 erhielt das Stadtarchiv eine merkwürdige Sendung alter Akten. Keine Überraschung, meinen Sie ?

In der Tat, denn die Übernahme, gelegentlich sogar Rettung amtlichen wie privaten Schriftgutes vor der – unverdienten – Vernichtung ist eine der Kernaufgabe von öffentlichen Archiven. Schließlich gibt es sie kraft Gesetzes, das Thüringer Archivgesetz aus 2018 regelt ihre Grundsätze und auch das Stadtarchiv Nordhausen hat seit 2013 natürlich eine eigene Archivsatzung und einen Sprengel, wie es sich für eine gesetzliche Pflichtaufgabe gehört.

Doch dieses altertümliche Papiergeschenk kam aus privater Hand aus dem ziemlich entfernten Rheinland-Pfalz. Der Besitzer hatte die Unterlagen erst ererbt und zugleich doch – Lob ihm für Erkennen und Handeln! – schnell erkannt: Dies war nichts für Private und rheinische Interessen, sondern stammte ursprünglich aus dem Südharz und sah ziemlich amtlich aus. Also gehörte es doch wohl dahin zurück! Durch Zeit, schlechte Lagerung und sicher auch Vernachlässigung wirkten die Akten recht erbärmlich und verschmutzt. Sie schienen durcheinandergebracht, andererseits aber einmal recht ordentlich geheftet und beschriftet worden zu sein. Der Besitzer jedenfalls übersandte sie – ohne irgendwelches Feilschen – an das Stadtarchiv Nordhausen. Hier reinigte, registrierte und prüfte man die Unterlagen auf Herz und Nieren d.h. zunächst einmal ihre Herkunft („Provenienz“).

Was also waren das für Akten? Wie sich im Stadtarchiv herausstellte, sämtlich amtliche bzw. berufsmäßig geführte Verfahrensakten von Juristen aus Nordhausen und Bleicherode des langen 19. Jahrhunderts, ja eines Amtsvorstandes und sogar des Landratsamtes Nordhausen. Alles dreht sich um Verfahren der kleinen Gemeinde Holbach, einstmals zum Rittergut Klettenberg gehörig und heute Teil der Kommune Hohenstein im Landkreis Nordhausen. Und warum entstehen wohl Urkunden, Akten und endloses scheinenden Stehordner? Weil Menschen und Institutionen sich (gerne, lange, teuer) streiten, heute wie damals….

Die schon 1152 urkundlich erwähnte Gemeinde Holbach stritt sich nämlich zwischen dem späten 18. und Ende des 19. Jahrhunderts mit verschiedenen Privatpersonen namens Engelmann, Scheller und den Weckmann’sche Erben um Erbschaften und Schulden. Und die beauftragten Rechtsanwälte legten auch damals schon Handakten (mit Bindfaden genähte „Manuale“) mit Schriftwechsel, Aussagen und Urkundenabschriften an, um jeden Teilvorgang zur Hand zu haben, jeden Winkelzug der anderen Seite beweiskräftig vor Gericht widerlegen zu können. Noch sind die Akten nicht wirklich ausgewertet, werden aber baldmöglichst im Kreisarchiv Nordhausen im Bestand Kommune Holbach unter Sign. A78 allen Interessierten vorgelegt werden können.

Im Kreisarchiv ? Natürlich ! Denn nach Archivrecht und satzungsgemäß hat Anfang August 2022 das Stadtarchiv diese historisch schutzwürdigen Unterlagen, die nicht aus seinem räumlichen Amtsbereich stammen, nunmehr an das für die Städte und Gemeinden des Landkreises zuständige Kreisarchiv weitergegeben. Mit Protokoll und zum Besten der Heimatgeschichtsschreibung und der an ihrer Geschichte interessierten Holbacherinnen und Holbacher, wie es sich gehört…